1 Wasser- und Sumpfpflanzen
Wiesenpflanzen
Das Foto entstand
an einem ehemaligen Fischteich, der durch Lage in eine FFH-Gebiet für den
Naturschutz gesichert werden konnte. Hier haben sich etliche seltene Arten
nährstoffreicher Ufer eingefunden, und hier wird nicht gehäckselt.
Entsprechende Absichten konnten abgewendet werden.
Die Bertram-Schafgarbe ist eine Pflanze der Feucht- und Moorwiesen.
Sie ist deutschlandweit verbreitet mit einigen Lücken im Nordost-Mecklenburgischen Tiefland,
im Mitteldeutschen Trockengebiet und im Bayrischen Alpenvorland mitsamt den Alpen. Wenn
Wiesen entwässert und intensiv bewirtschaftet werden, bedeutet das für die wertgebenden
Pflanzenarten normaler-weise das Aus. Es gibt aber zwei Pflanzenarten, die noch lange die
Fahne hoch halten, also zählebig da bleiben. Es sind dies die Bertram-Schafgarbe und die
Sumpf-Sternmiere. Beide Arten blühen dann nicht mehr, doch können sich die Bestände dank
vegetativer Vermehrung sogar noch ausdehnen.
Dieser Zählebigkeit verdankt die Bertram-Schafgarbe, in der Roten Liste nur als Art der
Vorwarn-Liste vermerkt zu sein. Im Landkreis Wittenberg konzentrieren sich die Vorkommen
auf die Dübener Heide. Dort gibt es viele (Wald)wiesen, deren Pflanzenwelt infolge
Entwässerung verloren ist. Aber die Bertram-Schafgarbe kommt noch vor. Sie kündet davon,
dass es sich bei diesen Wiesen einst um wertvolle Biotope handelte. Und wartet nun
auf bessere Zeiten. Diese Warterei hält sie so lange durch, dass sich das letztendlich sogar
lohnen könnte. Denn die unterirdischen Entwässerungs-Einrichtungen (Dränröhren),
typischerweise in den 1970er und 1980er Jahren verlegt, haben ihre Altersgrenze erreicht.
Sie brechen zusammen oder versotten. Die heutigen Landwirtschafts-Betriebe und
Meliorations-Genossenschaften haben nicht die Finanzkraft, diese Einrichtungen in Funktion
zu halten oder gar zu erneuern.Wenn man blühende Bertram-Schafgarbe sehen und
fotografieren möchte, ist Kleinkorga die beste Adresse. Sowohl am Schweinitzer Fließ als
auch am Lindaer Graben, jeweils knapp oberhalb der Bahnlinie, findet man alljährlich schöne
Exemplare. Es gibt von der Bertram-Schafgarbe einige Garten-Zuchtformen. Für lichtoffene
und zuverlässig feuchte Gartenpartien gehören sie zu den allerbesten Pflanzen.
Bertram-Schafgarbe (Achillea ptarmica)
Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis)
Eine Feuchtwiesen-Orchidee. Die großen, purpurnen Blüten geben den Orchideen-Wiesen, so noch vorhanden, das Gepräge. Deutschland liegt genau im Zentrum
der Verbreitungs-Gebiets. Und hat deshalb eine große Verantwortung für den Erhalt der Art. Verliert Deutschland seine Vorkommen, so ist das ein überproportionaler
Verlust weltweit. Dieser Verantwortung versucht Deutschland mit einem Artenschutz-Projekt gerecht zu werden. Noch sind kaum Maßnahmen aktiv, noch wird
geforscht. Was ist noch da? Nun, es sieht schlecht aus!
In Sachsen-Anhalt ist das Breitblättrige Knabenkraut stark bestandsgefährdet. Im Flachland streckenweise ausgestorben, im Bergland noch regelmäßig anzutreffen.
In der Region ist die Situation sehr schlecht. Selbst die großen Orchideen-Wiesen, die vor 15 Jahren noch über 4000 Exemplare enthielten, sind auf ganz geringe
Reste geschrumpft. Etwa 95% sind weg! Von den einstmals zahlreichen kleinen Vorkommen existieren gerade noch drei. Wahrscheinlich hat Deutschland den
Staffelstab bereits an Polen abgegeben. Es liegt zwar nicht im Zentrum, hat aber eine schonendere Landwirtschaft. Dort sind Orchideenwiesen noch ein gewohnter
Anblick. Hier inzwischen ganz selten.Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft eine große Lücke. Und noch immer gibt es eine Arbeitsmoral in Naturschutz
Angelegenheiten, die man in etwa so beschreiben kann: "Es gibt viel zu tun, warten wir´s ab!" Und wenn dann auf einmal fest-steht, dass sicher geglaubte
Vorkommen verschwunden sind, ist die Betroffenheit groß.
Denn dann offenbart sich auch die mieserable Arbeit. Es wird sich viel ändern müssen, wenn Deutschland seiner Verantwortung gerecht werden will!
Busch-Nelke (Dianthus sylvaticus)
Diese wohl farbintensivste aller heimischen Nelken ist ein Kleinod ganz im Osten unserer
Region. Vorkommen gibt es bei Annaburg und Premsendorf. Im Unterschied zu anderen
Nelken werden trockene Standorte gemieden. Man findet die Busch-Nelke in feuchten
Magerwiesen (Pfeifengraswiesen optimal), in lichten Eichen-Birken-Wäldern und deren
Säumen sowie sogar in Schilf-Landröhrichten. Werden die Standorte durch
Nährstoffeinträge belastet (Eutrophierung), so zählt die Busch-Nelke zu den ersten Arten,
die verschwinden. Wohl dadurch sind 6 von 7 Vorkommen in den Haidewiesen verloren
gegangen. Ein Lichtblick für die Art ist eine Pfeifengras-Wiese im NSG Alte Elster und
Rohrbornwiesen. Erst 2018 aufgetaucht, verläuft die Entwicklung stark progressiv.
47 blühende Exemplare konnten 2020 gezählt werden. Die Rohrbornwiese, nach dem
Hochwasser von 2002 in einem Zustand, dass die Annahme eines dauerhaften
Wertverlustes bestand, hat zu altem Wert zurückgefunden und der Bestand seltener Arten
ist sogar größer geworden. Auch Lungen-Enzian, Betonie und Färber-Scharte haben hier
Vorkommen. Wenngleich solche Inseln der Artenvielfalt für den Naturschutz natürlich sehr
wertvoll sind, so ist das dennoch nicht die Art von Naturschutz, die wirklich zielführend ist.
Artenvielfalt in der Fläche, das ist eine schon seit längerem formulierte, aber nirgendwo
erreichte Zielstellung. Nutzungsdruck mit einem langen Rattenschwanz von sekundären
Beeinträchtigungen steht dem entgegen, am schlimmsten der allgegenwärtige
Nährstoffeintrag. Möglicherweise entschärft die Verringerung des Ausstoßes von Stickoxid
der Dieselfahrzeuge (durch AdBlue) die Situation. Entsprechende Tendenzen werden
sichtbar, und da Umwelt-Auswirkungen immer nur verzögert zum Tragen kommen, besteht
Anlass zu vorsichtigem Optimismus.
Der Erdbeer-Klee ist eine halotolerante Pflanze. Halophyten sind Salzpflanzen, sie wachsen nur auf salzigen Böden. Halotolerante Pflanzen hingegen wachsen auch
auf salzfreien Böden, vermögen im Unterschied zu "normalen" Pflanzen aber auch auf Salzböden zu wachsen. Der Erdbeer-Klee zeigt eine gewisse Vorliebe für
Salzböden. Hier ist die Begleit-Vegetation durch das Salz dürftig und bedrängt den kleinen Erdbeer-Klee nicht. Auf salzfreien Böden bevorzugt er ebenfalls Standorte,
wo die Begleit-Vegetation nicht zu dicht ist. Das trifft zu für Trittrasen, Flutrasen und Wegränder.
Sachsen-Anhalt zählt innerhalb Deutschlands zu den Verbreitungs-Schwerpunkten, die vielen Salzstellen Mitteldeutschlands beherbergen große Vorkommen.
Ebenfalls gut besiedelt sind die Küstengebiete von Nord- und besonders Ostsee. In den Salzwiesen ist er eine Charakterpflanze. Während die Blüten typisch nach
Klee aussehen, allerdings sehr klein sind, geben die Früchte einen seltsamen Anblick. Mit etwas Fantasie wirklich an eine Erdbeere erinnernd. In Sachsen-Anhalt
schwinden die Vorkommen durch industrielle Landwirtschaft. Der Erdbeer-Klee gilt als bestandsgefährdet. In der Region sind alle ehemaligen Vorkommen erloschen,
bis auf eines bei Hemsendorf. Auch damit war es zwischenzeitlich aus. Es hatte eine Renaturierungsarbeit gegeben, der der Erdbeerklee, das Zierliche
Tausendgüldenkraut und ein schöner Bestand Pillenfarn zum Opfer gefallen sind.
Renaturierungsarbeiten sind immer wieder verheerende Ereignisse für die Pflanzenwelt. Es gab keine einzige Renaturierungsarbeit, die nicht Etikettenschwindel war,
nämlich reine Kultivierungsarbeit bzw. Entnaturierungsarbeit! Aber in einer Zeit, in der die Bevölkerung auf ölologische Korrektheit eingeschworen wird, klingt
Renaturierung einfach bes-ser, weckt positive Emotionen. Der Erdbeerklee ist am alten Standort nach etwa 10 Jahren wieder aufgetaucht und existiert dort auch
heute noch. Obwohl es zwischenzeitlich eine weitere Renaturierungsarbeit gegeben hat. Verheerender noch als die erste.
Erdbeer-Klee (Trifolium fragiferum)
Gelbe Wiesenraute (Thalictrum flavum)
Die Gelbe Wiesenraute ist eine stattliche Art der Feuchtwiesen und deren Säume. Zuweilen bis 1,30m hoch und meist in Gruppen wachsend, zur Blütezeit Ende Juni
nicht zu übersehen. Anzutreffen ist sie in den Tälern der Großen Flüsse (Stromtalart) mit einem einzigen zusammenhängenden Verbreitungs-Schwerpunkt in der
Mittelbrandenburgischen Niederung. Der Landkreis Wittenberg ist gut besetzt in der Elbaue und noch stärker an der Schwarzen Elster. An der Elbe findet man sie im
Wittenberger Anger, im Wittenberger Luch und am Großen Streng. An der Schwarzen Elster im Wiesenanger Gorsdorf, in der Kuhlache, in der Rohrbornwiese und in
der Luchwiese Premsendorf. Ein etwas abseits gelegenes, aber besonders gut besetztes Vorkommen, gibt es in der Tugendbusch-Wiese bei Dixförda.
Eine Gefahr für die Pflanzen der Feuchtwiesensäume sind die in jüngerer Vergangenheit angeschafften und exzessiv einge-setzten Häckselwerke für Traktoren.
Da wird alles sinnlos niedergedroschen, was abseits der Wiesen bzw. Grünländer sonst noch wächst. Der Biotoptyp der Hochstaudenfluren, der eine wichtige
Nahrungsgrundlage der Insekten darstellte, ist so um mehr als 90% dezimiert worden. Innerhalb der letzten 15 Jahre! Wie sehr wird darum gestritten, dass
Pflanzenschutz-Mittel für die Insekten so schädlich seien. Nun, wenn wir die Insekten verhungern lassen, brauchen wir sie nicht zu vergiften. Oft sind die Insekten mit
negativen Emotionen belegt: Stechmücken, Stechfliegen, Schmeißfliegen, Insektendreck an der Windschutzscheibe... Insekten sind aber auch die bunten
Schmetterlinge, die schillernden Käfer, die zirpenden Grashüpfer.
Wollen wir in einer Welt ohne Insekten leben? Und wer gibt uns das Recht, sie auszulöschen?Es ist an der Zeit, die Scheuklappen abzunehmen und die Natur nicht
als eine Ansammlung von einzelnen Strukturelementen wahrzunehmen, sondern als funktionale Einheit.
Gräben-Veilchen (Viola stagnina))
Eine Spezialität der Region: überall ausgestorben oder sehr selten, im Osten des Landkreises Wittenberg hingegen häufig. Es gibt 5 Groß-Vorkommen:
2 bei Gorsdorf, 1 bei Jessen und 2 bei Premsendorf. Alles Aue der Schwarzen Elster. Einige kleinere Vorkommen gibt es auch.
Selten ist das Gräben-Veilchen an der Elbe: 1 Vorkommen bei Wörlitz, 1 bei Dabrun und 1 bei Pretzsch. Letzteres ist ein neuer Fundort, und auch das Vorkommen
von Wörlitz existiert erst wenige Jahre. Sämtliche Bestände sind in Ausbreitung begriffen, teils ungestüm. Auf der Rohrborn-Wiese bei Premsendorf, einer
Pfeifengras-Wiese, stehen fast nur noch Veilchen! Daran vermochten auch die trockenen Jahre seit 2018 nichts zu ändern. Das Gräben-Veilchen ist leicht zu erkennen
an den lichtblauen bis fast weißen Blüten und den schmalen Blättern. Die Blütezeit ist spät, Ende Mai bis Ende Juni. Die Pflanzen sind klein, etwa 10cm, manchmal
auch nur 5cm.Typischer Standort sind niedrige, lückige Stromtalwiesen. Weiterhin Pfeifengras-Wiesen und mindernasse Partien in Riedern.
Das sind alles Standorte, die kaum Ertrag erbringen und in der industriellen Landwirtschaft keinen Platz haben. Sie werden im Rahmen von Naturschutz gepflegt
und erhalten. Werden Wiesen aufgedüngt, verschwinden die Veilchen sofort. Ursprünglich war das Gräben-Veilchen in den Auen der großen Flüsse verbreitet,
vor allem an der Elbe, an der Spree und am Oberrhein. Heute sind das höchstens noch einzelne minimale Restbestände. Dem Landkreis Wittenberg kommt für den
Erhalt der Art eine große Verantwortung zu. Eine Verantwortung, der bisher gut entsprochen wurde. Das Gräben-Veilchen gilt in Deutschland als
stark bestandsgefährdet und in Sachsen-Anhalt als gefährdet.
Großes Springkraut (Impatiens noli-tangere)
Das Große Springkraut ist eine einjährige Samenpflanze, die Büsche mit einer typischen Wuchshöhe um 60cm bildet. Im Unterschied zu den neophytischen
(eingeschleppten) Arten Kleines Springkraut und Drüsiges Springkraut ist es einheimisch und zugleich einziger bodenständiger Vertreter der Gattung in Deutschland.
Anzutreffen ist das Große Springkraut in Großseggenriedern, zuweilen direkt auf den Seggenhorsten thronend. Weitere Standorte sind lichte Bach-Auenwälder und
Hochstaudenfluren. Hier bildet es zusammen mit Waldziest und Großem Hexenkraut den Waldziest-Springkraut-Saum.
Die Pflanze bietet einen unverwechselbaren Anblick: die Blätter sind eigenartig bleich-bläulichgrün und dank Lotus-Effekt immer perfekt sauber. Und die großen Blüten
hängen (!) unter den Blättern. Wenn im beginnenden Herbst die verschiedenen Grüntöne längst einem einheitlichen Dunkelgrün oder Graugrün gewichen sind, ist
diese Pflanze markant davon abstechend. Kommt dann womöglich noch etwas Bodennebel hinzu...ein geradezu mystischer Anblick!
In der Region ist das Große Springkraut selten. Im Fläming gibt es nur noch das eine Vorkommen bei Abtsdorf. In der Dübener Heide wächst es am Heideteichbach
und am Grenzbach. Also insgesamt 3 Vorkommen. Der Name Springkraut bezieht sich auf die Früchte. Die Kapseln stehen unter Saftdruck und explodieren geradezu
bei der leisesten Berührung. Impatiens nolitangere heißt wörtlich übersetzt "Springkraut nicht berühren". Das Große Springkraut geht in eine ungewisse Zukunft,
weil seine Standorte zunehmend vom eingeschleppten und deutlich größeren Drüsigen Springkraut besetzt werden.
In der Roten Liste ist es heute aber noch nicht vermerkt.
Herbst-Zeitlose (Colchicum autumnale)
Diese auffällige und in mancherlei Hinsicht ungewöhnliche Pflanze kommt vorwiegend in
Süddeutschland vor. Sie besiedelt frische bis feuchte, eher etwas nährstoffarme Wiesen
und seltener lichte Laubwälder. Die kräftigen, krautigen und glänzenden Laubblätter
erscheinen ab Mitte März und ziehen im Luli wieder ein. Im September erscheinen dann
die großen, kelchförmigen Blüten. Die gesamte Pflanze, am brisantesten die Blüten, ist
stark giftig. Eine Verwechslung ihrer Blätter mit essbaren Pflanzen, insbesondere mit
Bärlauch, wäre fatal. Das hochgiftige Alkaloid Colchicin führt durch Atemlähmung und
Kreislaufzusammenbruch zum Tod. Die Wahrscheinlichkeit, diese Pflanze zu überleben,
ist gering. Und hinterließe einen schwer geschädigten Menschen, dessen Dasein kein
Leben mehr wäre.
Der Landkreis Wittenberg tangiert das geschlossene Verbreitungsgebiet und war
ursprünglich, besonders die Dübener Heide, gut besetzt. Heute existieren nur noch zwei
Vorkommen. Eines am Wörpener Bach bei Coswig und ein weiteres auf der großen
Runtzwitzer Wiese bei Gaditz am Fuß der Dübener Heide. Die Art ist in Sachsen-Anhalt
bestandsgefährdet. Die Vorkommen, besonders jenes bei Coswig, haben sich in den
letzten Jahren gut entwickelt. 2022 konnten 280 blühende Pflanzen gezählt werden, das ist
eine Zunahme um das 10fache in den letzten 15 Jahren. Herbst-Zeitlose sind beliebte
Gartenblumen, wobei weniger die einheimische Art als vielmehr südeuropäische und
asiatische Arten und deren Sorten kultiviert werden. Colchicum speciosum "The Giant" hat
bis 25cm lange Blumen und ist besonders beliebt. Weil die Pflanzen raumgreifend und
ausbreitungswillig sind, keine gute Wahl für kleine Gärten, für große hingegen um so mehr.
Diese Garten-Blumen blühen deutlich später als unsere Art und sind im herbstlichen
Garten der letzte Höhepunkt.
Kanten-Lauch (Allium angulosum)
Beim Kanten-Lauch handelt es sich um eine sogenannte Stromtalpflanze. Also einer Art,
die fast nur in den Auen der größe-ren Flüsse wächst, abseits davon nicht
bzw. höchstens ganz selten. In der Region an der Schwarzen Elster und natürlich an der
Elbe. Das Vorkommensgebiet reicht von Jessen im Osten bis Wittenberg im Westen.
Schwerpunkte sind das Mündungsbebiet der Schwarzen Elster und das Umfeld von Gorsdorf.
Der Kanten-Lauch gilt in Sachsen-Anhalt als bestandsgefährdet, hat sich aber in unserer
Region ausgebreitet. Besonders die trockenen Jahre 2018 und 2019 waren für dieses
Zwiebelgewächs ein Segen. Befreit von der Konkurrenz durch andere Pflanzen, die wegen
der Trockenheit nicht wachsen konnten, haben sich die Zwiebelgewächse prächtig entwickelt.
Auch andere Lauch-Arten erlebten einen Höhenflug.
Besonders erfreulich ist, dass seit 2020 auch die Wiese im Kern des Wittenberger Luchs
besiedelt wird. Noch sind es nur ganz wenige Pflanzen, aber wenn erst mal einige da sind,
geht die Ausbreitung zügig vonstatten. Das Wittenberger Luch entwickelt sich schon seit
~20 Jahren so fantastisch, dass man es kaum glauben mag.
Wirklich alljährlich kommen neue wertgebende Charakter-Arten hinzu!
Dieses Bild aus dem Jahr 2019 zeigt sehr prächtige Exemplare auf einer Wiesenbrache
östlich Hemsendorf. Im Juli ist die Vollblüte.
Kleines Knabenkraut (Anacamptis morio)
Orchideen sind Kinder des Südens und die gegenwärtige Kleine Warmzeit beschert ihnen fantastische Bestandszuwächse. An den Haupt-Vorkommen
auf den Porphyr-Kuppen bei Halle haben sich die Bestände seit Mitte der 1980er Jahre teils verdreißigfacht. Große Partien in den Magerrasen sind rot
von den Beständen, wo vor 35 Jahren ein paar Grüppchen wuch-sen. Es gibt aber nicht nur eine Zunahme der Induviduen, sondern auch der Vorkommen.
So liegt der Landkreis Wittenberg im Verbreitungsgebiet der Art, hat seine letzten Exemplare aber schon vor 1970 verloren.
Heute gibt es wieder Kleines Knabenkraut im Landkreis, bei Gräfenhainichen. Wenige Exemplare noch, aber zunehmend. Auch die Bienen-Ragwurz ist
hinzugekommen, deutlich zahlreicher. Und die Grünliche Waldhyazinthe.
Und das ist noch nicht alles. Seekanne: wieder vorhanden. Braune Brunnenkresse: neu hinzugekommen. Wurzelnde Simse: hat massiv zugenommen.
Queckenreis: hat massiv zugenommen.
Aus der Tierwelt ebenfalls Erfolgsmeldungen. Egal ob Biber, Fischotter, Kranich, Seeadler, Segelfalter... sie alle waren fast oder völlig ausgestorben und
gehören heute wieder zu unserer natürlichen Umwelt. So auch der Wolf, der schon wenige Kilometer nördlich der Lutherstadt seine ersten Reviere hat.
Wenn man in der Morgendämmerung in den Wald geht: Wolfsgeheul! Ist das nicht wunderbar? "Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig
entstellt." Dieses Zitat des deutschen Mathematikers und Physikers Georg Christoph Lichtenberg trifft auch für die ideologisch geprägte Sichtweise auf
Natur und Klima zu. Wird die eine Seite der Wahrheit ausgeblendet, nämlich positive Entwicklungen, so entsteht ein falsches Zerrbild.
Lungen-Enzian (Gentiana pneumonanthe)
Der Lungen-Enzian ist ein stattlicher Vertreter seiner Familie, fast so prächtig wie seine
Verwandtschaft von den Bergwiesen der Alpen.Anzutreffen ist oder war er auf mageren
Feuchtwiesen und Moorwiesen. Noch in den 1950er Jahren gab es Bestände in Regionen,
die heute jedes bisschen Natur vermissen lassen. Die sozialistischen Komplex-Meliorationen
haben, besonders in den 1960er Jahren, ganze Arbeit geleistet und ein bis dahin
unbekanntes Artensterben verursacht.Davon kann und wird sich unsere Natur nie wieder
erholen. Verglichen mit der Ausgangslage sind die heutigen Restbestände lächerlich gering,
doch wird um deren Erhalt gerungen. Aktuell gibt es im Landkreis Wittenberg 5 Vorkommen
mit zusammen etwa 1800 Exemplaren. Im Landkreis Bitterfeld 2 Vorkommen mit etwa
50 Exemplaren. Der Hauptbestand mit ca. 1000 Exemplaren liegt im militärischen
Sperrgebiet der Anna-burger Heide.Bedroht und dezimiert wurden die Restbestände durch
wiederholte Hochwässer nach Deichbruch-Ereignissen.
Zunächst als Totalverlust eingeschätzt, haben einige Pflanzen doch überlebt, und entwickeln
sich derzeit trotz Trockenheit ungeahnt positiv, eine Verdreifachung von Jahr zu Jahr.
Auf den geschützten und gepflegten Flächen haben sich zudem weitere seltene Arten
eingefunden, so dass die Einschätzung des Wertes geändert,
hochgestuft, werden musste.
Es bewahrheitet sich immer wieder: BIOTOPSCHUTZ IST ARTENSCHUTZ!
Die im Rahmen gesamt-europäischen Naturschutzes ausgewiesenen Großschutzgebiete
(FFH-Gebiete) sind immer wieder Anfeindungen ausgesetzt: zu groß, nicht handhabbar
und zu sehr wirtschaftliche Interessen einschränkend, so die Kritiker. Es ist aber so, dass
gerade und überwiegend diese Großschutzgebiete eine Wende weg vom Artensterben
bewirken können und auch müssen, denn das ist ihr Zweck, und der wird von der
EU überwacht. Als "Schmuddelkind" im europäischen Naturschutz droht Deutschland eine
Strafzahlung in Höhe von 14 Milliarden Euro. Denn durch gewohnt laschen nationalen
Naturschutz wurde das Verschlechterungs-Verbot der FFH-Gebiete in fast 80% aller Fälle
gebrochen. Während andere Länder Europas schon seit mindestens einem
Jahrzehnt ernsthaften Naturschutz betreiben und die Vorga-ben vielfach sogar übertreffen,
reift in Deutschland die Einsicht, es auch machen zu müssen, erst ganz allmählich.
Rote Pestwurz (Petasites hybridus)
Eine auffallende Erscheinung: im Frühjahr bzw. oft schon im Spätwinter wegen der ungewöhnlich aussehenden Blütenstände und im Sommer wegen derriesigen
Blätter. Die Pflanze ist sehr ausbreitungsfähig, wuchert "wie die Pest", daher der Name. Sie ist eine Art der Hochstaudenfluren und bildet eine eigene Gesellschaft,
die Pestwurzflur. Solche Fluren findet man in feuchtem Gelände an Gräben und Bächen. Früher war die Rote Pestwurz (auch Gemeine Pestwurz genannt) in der
Region mehrfach anzutreffen: bei Teuchel, bei Euper, im Forst Breske, bei Kemberg,
bei Reuden und bei Jüdenberg. All diese Standorte sind heute vernichtet, bei Jüdenberg werden aktuell die letzten Exemplare niedergemacht. 2017 sah es so aus,
dass es in der Region überhaupt keine Pestwurz-Fluren mehr gibt. Eine Suchaktion in dem Jahr erbrach-te dann das Ergebnis, dass es bei Horstdorf noch ein
Vorkommen gibt. Freudiger Höhepunkt einer Botanischen Exkursion im Frühjahr 2019 war dann der Fund einer Pestwurzflur bei Pülzig, später zeigte sich, dass es
sogar zwei Fluren sind. Es ist ein Erlebnis, im Spätwinter, wenn noch alles grau ist, plötzlich vor einer Ansammlung dieser eigenartigen "roten Ananas", zu stehen.
Wirklich sehr auffällig! Und später kommen dann riesige Blätter, wie von Rhabarber. Es wird immer davon gesprochen, dass man den Kindern mehr Liebe zur Natur
nahebringen müsse. Das ist gewiss richtig. Aber wie soll das gehen? Einerseits wird im urbanen Umfeld der Orte jedes Stückchen Natur niedergemacht, nicht selten
noch als Renaturierung tituliert. Und das urbane Umfeld der Orte ist nun mal das Aktionsgebiet der Kinder. Sie können sich noch nicht ein paar Stunden hinter das
Lenkrad klemmen, um dahin zu fahren, wo es noch Natur gibt. Wie soll also in einer von Natur bereinigten Umgebung Liebe zur Natur entstehen?
Es ist überhaupt kein Wunder, die Naturentfremdung. "Wildnis wagen" ist der Titel einer Aktion aus dem vorbildlichen Bundesland
Brandenburg, und genau das ist der richtige Weg!
Schaben-Königskerze (Verbascum blattaria)
Diese attraktive Pflanze hat im Landkreis drei Vorkommen, die in günstigen Jahren
zusammen bis zu 200 Exemplare auf-weisen können. Die Gründe für ihre großen
Vorkommen sind teils weniger attraktiv, vorsichtig formuliert.In der Elbaue bei Priesitz ist
das größte Vorkommen. Hier hat die massive Entsorgung von Gülle die Pflanzenwelt
verbrannt, da wächst kein Gras mehr. Es gibt aber eine kleine Anzahl von Pflanzenarten,
die auf den verseuchten Flächen gerade einen geeigneten Wuchsort gefunden haben und
mit den extremen Bedingungen offenbar gut zurecht kommen. Eine dieser Arten ist die
Schaben-Königskerze, die hier sehr prächtig gedeiht.
Ein weiteres, kleineres Vorkommen gibt es im NSG Großer Streng bei Wartenburg. Gülle
wird hier nicht ausgebracht. Wohl aber wurden Tierkadaver (Rinder) deponiert. Die Anzeige
eines Naturschutz-Aktiven hat bewirkt, dass die Kadaver nicht beräumt, sondern in die Düne
eingegraben wurden. Weil das Loch nicht tief genug war, ragten noch die Hufe heraus.
Ansonsten wird hier Silage in Massen gelagert. Wuchsrecht für Ohrlöffel-Leimkraut und
Karthäuser-Nelke im NSG und FFH-Gebiet? Mitnichten – Landwirtschaft total!
Alle unbewaldeten Trocken-Biotope im NSG sind grundhaft zerstört. Entsprechende
Anzeigen bei der Unteren Naturschutz-Behörde bewirkten nichts. Und in den überall kreuz
und quer herumliegenden Strip-pen, mit denen die Silage zusammengehalten wurde,
verheddern sich die Vögel. Auch das war nicht von Interesse. Die Schaben-Königskerze
wächst in einer kleinen Böschung, die der Landschafts-Bereinigung bisher nicht zum Opfer
gefallen ist.
Geradezu paradiesische Verhältnisse im Wittenberger Luch: keine Gülle, keine Silage,
keine Kadaver. Sondern Natur pur! Artenreich und wunderschön. Das Steilufer an der
Hohndorfer Rinne ist hier Standort der Schaben-Königskerze, ein mittelgroßes Vorkommen.
Spießblättriges Helmkraut (Scutetellaria hastifolia)
Beim Spießblättrigen Helmkraut handelt es sich um eine Stromtalpflanze, also einer Art,
der man nur in den Tälern großer Flüsse begegnet. Die Hauptvorkommen gibt es an der
mittleren und unteren Elbe. Im Landkreis Wittenberg allerdings findet man die gut besetzten
Vorkommen an der Schwarzen Elster, an der Elbe nur 1 Vorkommen. Kleinere Bestände
gibt es an Oder und Spree sowie an der Saale. Ganz geringe Vorkommen an Rhein und
Donau.Die Pflanze ist typisch für Schleierfluren, Staudenröhrichte und Stromtalwiesen.
Große Bestände findet man aber auch in lichten Laubwäldern und im Trauf großer Bäume
in der Aue. 700 blühende Pflanzen unter einem Baum hatten wir schon. In guten Jahren
beläuft sich der Gesamt-Bestand auf etwa 8000 Pflanzen. Das darf aber nicht darüber
hinweg täuschen, dass es sich um eine landesweit bestandsbedrohte Art handelt, die nur
hier so starke Vorkommen hat. Eine Spezialität der Region. Der hohen Verantwortung für
den Erhalt der Art kommt die Naturschutz-Behördenach mit vorzeigbaren Ergebnissen.
Das Bild zeigt eine besonders prächtig entwickelte Pflanze auf einer Stromtal-Wiese bei
Premsendorf. Dass diese Wiese zahlreiche wertgebende Arten aufweist, ist schon lange
bekannt. Das Spießblättrige Helmkraut hingegen konnte hier 2022 erstmals
gefunden werden. Die Täler von Elbe und Schwarzer Elster sind augenfällig verschieden.
An der Elbe bestimmen riesige, vielfach mit Gülle grenzwertig aufgedüngte Grünländer
das Bild. Wiesen, die diesem Namen gerecht werden, gibt es nur ganz wenige in einem
Trinkwasser-Schutzgebiet. Dort Gülle-Düngung verboten.
An der Schwarzen Elster ist die Landschaft kleinteilig und mit wertgebenden Strukturen
durchsetzt. Düngung, egal ob mit Gülle oder anderem Dünger,
gibt es nicht. Wiesen findet man zwar auch nicht überall, aber doch noch regelmäßig.
Einige sind recht großflächig.An der Elbe wurde kaputt gemacht,
was es an der Schwarzen Elster noch gibt.
Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis)
Das Wiesen-Schaumkraut ist eine Feuchtwiesen-Pflanze, deren Bestände vielfach
unbemerkt geschrumpft oder ganz ver-schwunden sind. Noch vor 25 Jahren gab es starke
Vorkommen, waren die schönen weißen Blüten im April ein allgegen-wärtiger Anblick.
Der maximale Niedergang war in den trockenen Jahren nach 2000. Heute gibt es eine
langsame Erholung. Während eine Vielzahl kleiner Vorkommen endgültig verschwunden
zu sein scheint, gibt es erfreuliche Zuwächse bei den großen Beständen. Zu nennen sind
hier in jedem Fall das Wittenberger Luch und das Tal des Rischebaches zwischen
Nudersdorf und Straach.In der Roten Liste Sachsen-Anhalts ist das Wiesen-Schaumkraut
als Art der Vorwarn-Liste vermerkt. Also trotz massiver Verluste noch keine unmittelbare
Gefährdung. Die schwierige Situation vieler Feuchtwiesen-Pflanzen ist dem Umstand
geschuldet, dass sowohl eine zu intensive Bewirt-schaftung den Niedergang bringt, als
auch die Einstellung der Bewirtschaftung. Einzig eine schonende (Mahd)nutzung ohne
Düngung und ohne Entwässerung ist geeignet. Bis etwa 1960 war so eine Nutzung
Normalität und Feuchtwiesen-Pflanzen überall verbreitet. Heute wird auf
Naturschutz-Flächen versucht, die historische Nutzung zu imitieren. Jedoch oft mit
Projekt-Mitteln finanziert, dadurch nicht kontinuierlich und deshalb oftmals wirkungslos.
Ein Lichtblick sind die Flora-Fauna-Habitat-Großschutzgebiete der EU. Werden die
Bewirtschaftungs-Vorgaben eingehalten, so funktionieren sie. Jedoch wurden zu oft
Flächen in Vertrags-Naturschutz übergeben und dann nicht mehr kontrolliert. Dann wurde
eben doch gedüngt und intensiv bewirtschaftet, womit der Natur-Wert verloren geht.
Subventionierte Natur-Zerstörung! Genau das geht heute nicht mehr, werden unter den
wachsamen Augen der EU die Vorgaben durchgesetzt.
Etliche Vertrags-Naturschutz-Objekte wurden aufgekündigt, nachdem sich die Wahrheit
gezeigt hat. Gülle-Düngung beispielsweise, geradezu der Klassiker unter den Verstößen.